Die Anzahl der Streitwagen und Reiter, die König Salomo besaß, wird in 2Chr 1,14 und 1Kön 10,26 angegeben. Da beide Verse fast wörtlich gleich lauten, zitiere ich zunächst nur den erstgenannten nach der Schlachter 2000:

14 Und Salomo sammelte Streitwagen und Reiter, sodass er 1 400 Streitwagen und 12 000 Reiter hatte; die legte er in die Wagenstädte und zum König nach Jerusalem.

Hier und in den folgenden Versen wird beschrieben, dass Salomo die Streitwagen in speziellen „Wagenstädten“ und in Jerusalem beim König stationierte, woher er die Pferde bezog, wieviel Streitwagen und Pferde kosteten und von seinem Reichtum, der es ihm ermöglichte, als erster König in Israel solche Truppengattungen zu unterhalten (2Chr 1,15-17; 1Kön 10,27-29). Es klingt daher glaubwürdig, dass er tatsächlich ein stehendes Heer mit 1.400 Streitwagen hatte. Eine alternative Deutung der Angabe „1 ÄLäPh 400“ als Einheit (1 Einheit mit 400 Streitwagen), würde an dieser Stelle auch wenig Sinn ergeben. Die Deutung als 1.400 Streitwagen lässt sich durch die Anzahl der Stallplätze Salomos plausibilisieren. Dafür muss auch die Zahlenangabe zu seiner Reiterei-Truppe neu bewertet werden. Dazu zitiere ich 2Chr 9,25 und 1Kön 5,6 nach der Schlachter 2000:

2Chr 9,25 Und Salomo hatte 4 000 Stallplätze und Streitwagen und 12 000 Reiter; die legte er in die Wagenstädte und zum König nach Jerusalem.

1Kön 5,6 Und Salomo hatte 40 000 Stallplätze für die Pferde seiner Streitwagen und 12 000 Reiter.

An diesen beiden Stellen liegt der Übersetzung „Reiter“ das hebräische Wort פָּרָשׁ (PaRaSch) in der Pluralform פָּרָשִׁים (PaRaSchIM) zugrunde. Für dieses Wort gibt Gesenius folgende Übersetzungen an: „1. Pferdegespann am Streitwagen […] 2. Pl. (?) Gespannpferde […] 3. Pl. Reiter“1. Er ordnet diese beiden Stellen wohl wegen der gemeinsamen Nennung mit Streitwagen der 2. Bedeutung zu – die er aber grundsätzlich mit einem in Klammer gesetzten Fragezeichen versehen hat – während er einige andere Fälle der Mehrzahlform der dritten Bedeutung „Reiter“ zuordnet. Wie nachfolgend dargestellt passen aber die genannten Zahlen der Streitwagen und der פָּרָשִׁים (PaRaSchIM) bei Deutung als „Gespannpferde“ nicht zusammen, so dass hier die 3. Bedeutung „Reiter (Pl.)“ anzunehmen ist. So übersetzt neben der Schlachter 2000 auch die English Standard Version. Entsprechend müssen auch die beiden Vorkommen im Plural in 2Chr 1,14 (siehe Zitat oben) und die beiden weiteren in 1Kön 10,26 übersetzt werden. Ich zitiere nach der Schlachter 2000:

26 Und Salomo brachte auch Streitwagen und Reiter zusammen, sodass er 1 400 Streitwagen und 12 000 Reiter hatte, die er in die Wagenstädte und zum König nach Jerusalem legte.

Diese vier Vorkommen ordnet Gesenius der 1. Bedeutung „Pferdegespann am Streitwagen“ zu. Die Aussage, dass Salomo Streitwagen- und Reitereinheiten zusammen in den Wagenstädten (wo die Ställe standen) stationierte, würde bei Übersetzung mit „Pferden“ statt mit „Reitern“ zu der Aussage führen, dass er die Streitwagen und ihre Gespann-Pferde zusammen am gleichen Ort stationierte – was eine Selbstverständlichkeit ist, deren ausdrückliche Erwähnung mehr als lächerlich wäre. Eine Übersetzung im Sinne von „Pferden“ kann damit ausgeschlossen werden. Die Übersetzung mit „Reiter“ kann außerdem dadurch gestützt werden, dass Heere, die Streitwagenabteilungen hatten i.d.R. auch Reitereiabteilungen hatten. Letztere waren flexibler einsetzbar und vor allem kostengünstiger im Unterhalt. Es war somit eher denkbar, dass ein Heer, das nicht alle drei Truppengattungen hatte, nur aus Fußtruppen und Reiterei bestand als nur aus Fußtruppen und Streitwagen.2

Die genannten Stallplätze mussten somit für die Zugpferde der Streitwagen und die Pferde der Reitereitruppe ausreichen. Die Schlachter 2000 folgt bei der Anzahl der Stallplätze in 1Kön 5,6 der Lesart des Masoretischen Textes (MT), in der 40 ÄLäPh angegeben sind, und übersetzt mit 40.000. Da diese Zahl aber offensichtlich unrealistisch ist, folgen die meisten anderen Übersetzungen hier der Septuaginta, die wohl zur Harmonisierung mit 1Chr 9,25 auch in 1Kön 5,6 eine Zahl von 4.000 Stallplätzen angibt (siehe Fußnote 5 der Elberfelder zu 1Kön 5,6) und nehmen im MT einen Abschreibfehler an. Tatsächlich hat der MT aber die korrekte ursprüngliche Lesart von 1Kön 5,6. Die Schlachter 2000 kommt jedoch trotzdem zu einem falschen Ergebnis, da sie die ÄLäPh falsch als Tausender bewertet. Bewertet man dagegen mit „Einheiten à 100“ kommt man auch beim MT auf (40 x 100 =) 4.000 Stallplätze, so dass kein Abschreibfehler angenommen werden muss. Damit besteht kein Widerspruch zu 2Chr 9,25 und außerdem ergibt sich die zusätzliche Information, dass immer 100 Pferde in einem Stallkomplex zusammengefasst waren. Es gab somit 4.000 Stallplätze, die in 100er-Einheiten organisiert waren, und entsprechend viele Pferde. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Größe der Einheiten bei den Streitwagen und der Reiterei gewinnen. Bei Annahme von zwei Zugpferden je Streitwagen würde ein Stallkomplex für die Pferde von 50 Streitwagen ausreichen. Man kann also annehmen, dass die Israeliten – analog zu den übrigen Kampftruppen – Einheiten à 50 Streitwagen gebildet hatten. Bei 1.400 Streitwagen waren von den 4.000 Stallplätzen 2.800 durch die Zugpferde der Streitwagen besetzt. Für die Pferde der Reiter blieben damit noch 1.200 Stallplätze übrig.

Bei den genannten 12 ÄLäPh Reitern kommt damit nur eine Deutung als 12 Einheiten und nicht als Tausender in Frage – was sich im Übrigen auch schon aus dem Quervergleich mit anderen Heereszahlen im AT vom Exodus bis zu Saul ergibt, da das gesamte Heer Israels nie mehr als 20.000 Mann groß war. Verteilt man 1.200 Stallplätze auf 12 Einheiten, so entfallen auf jede Reiter-Einheit 100 Stallplätze. Man könnte also folgern, dass die Einheiten analog zu der Größe bei den unterworfenen Aramäern – mit Unterstützung durch deren Knowhow die Streitwagen- und Reiter-Abteilungen wahrscheinlich aufgebaut wurden – aus 100 Reitern bestanden, so dass sich 1.200 Reiter ergeben. Bei dem großen Reichtum Salomos ist es aber auch denkbar, dass jeder Reiter noch ein Ersatzpferd hatte, das beim Marsch als Wechselpferd diente, so dass das jeweils ledige Tier als Lasttier für Lagermaterial, Ersatzwurfgeschosse und Proviant genutzt werden konnte. Das hätte Schnelligkeit und Einsatzradius dieser Reitertruppe in dem großen Reich Salomos wesentlich erhöht. Dann könnten auch bei den Reitern Einheiten zu 50 Mann angenommen werden, was zu insgesamt (12 x 50 =) 600 Reitern mit je zwei Pferden führt. Diese zweite Möglichkeit halte ich für wahrscheinlicher. Die vorhandenen 4.000 Stallplätze hätten dann für 1.400 Streitwagen und 600 (alternativ: 1.200) Reiter, also eine Kavallerie von insgesamt 2.000 (alternativ: 2.600) Mann ausgereicht. Somit sind alle Angaben zu Salomos Streitwageneinheiten und Reitern in sich schlüssig und lassen die Anzahl von 1.000 Streitwagen und 700 Reitern bei den Aramäern beim ersten Krieg, deren Lenker bzw. Reiter wohl alle gefangengenommen wurden, plausibel erscheinen. Damit beenden wir den Exkurs und wenden uns der Frage nach der Größe der Einheiten bei den Fußsoldaten der Aramäer zu. 

  • 1 Gesenius: Hebräisches Handwörterbuch, S.1085, פָּרָשׁ  – ergänzender Hinweis: Wie in Abschnitt ‎9.3.2 für das Vorkommen in 2Sam 8,4 begründet, gab es auch die 4. Bedeutung „Streitwagenlenker“, da das hebräische Verb für „reiten רָכַב (RaChaBh)“ auch für das Fahren mit einem Wagen verwendet wird. Somit konnte פָּרָשִׁים (PaRaSchIM) auch als Oberbegriff für Reiter und Streitwagenlenker verwendet werden.

    2 Entsprechend bestand auch das Heer des Pharao, das bei der Verfolgung der Israeliten im Meer unterging, aus Fußtruppen, Reiterei und Streitwagen (siehe ‎10.3.2.2).