Die Frage ist nun, welche Eingriffe in den Text durch einen Textrevisor man neben der falschen Interpretation der ÄLäPh annehmen muss, um auf eine widerspruchsfreie Lösung zu kommen. Ich gehe davon aus, dass in der Anweisung zur Berechnung der Abgabe für Jahwe in 4Mose 31,28 statt „500“ ursprünglich die Zahl „25“ stand.

28 Und erhebe von den Kriegsleuten, die ins Feld gezogen sind, eine Abgabe für den HERRN: je eine Seele von fünf (?hundert) [Vorschlag M.K.: undzwanzig], von den Menschen und von den Rindern und von den Eseln und von den Schafen.

Dafür müsste lediglich die als fraglich gekennzeichnete Zahl „?100“ (הַמֵּאוֹת, HaMe°OT) durch die Zahl „20“ mit der Vorsilbe „und“ (וְעֶשְׂרִים, WöÄ͂SsRIM) ersetzt werden. Die Anweisung für die Berechnung der Abgabe für Jahwe würde dann auf Hebräisch wie folgt lauten:

אֶחָד נֶפֶשׁ מֵחֲמֵשׁ וְעֶשְׂרִים

ÄChaD NäPhäSch MeChaMeSch WöÄ͂SsRIM1

eine Seele von fünfundzwanzig

Das entspricht dem im vorausgehenden Abschnitt ermittelten Anteil von 4 %. Dieser Prozentsatz ist plausibler als 0,2 %. Denn mit 4 % hätten die Krieger, die der Sühne bedurften, weil sie getötet hatten (4Mose 31,19, vgl. 2Mose 30,12-13), eine doppelt so hohe Abgabe geleistet, wie die Übrigen.

Wohlgemerkt, es handelt sich hier nicht um einen versehentlichen Abschreibfehler eines unaufmerksamen Schreibers, sondern um eine bewusste Änderung einer scheinbar zu einem Widerspruch im Text führenden Zahlenangabe durch einen Textrevisor, der sich von Jahwe beauftragt sah, den Text an die gewandelte Sprache anzupassen, um eine bessere Verständlichkeit zu erreichen (siehe ‎7.3.5.2). Deshalb muss zwischen dem ursprünglichen und dem ersetzenden Wort keine Ähnlichkeit vorliegen. Wichtig ist aber, dass nur ein einziges Wort verändert werden musste, so dass die Änderung noch vertretbar erschien. Der Revisor hatte zwischen zwei Übeln zu wählen, entweder einen gravierenden Widerspruch im Text bestehen zu lassen oder eine inhaltliche Änderung vorzunehmen. Er entschied sich für die zweite Möglichkeit, kennzeichnete die Änderung aber durch ein „Fragezeichen“. Spätere Abschreiber, die keine spezielle göttliche Berufung und damit Erlaubnis zur Anpassung der Texte hatten, hätten eine solche Änderung nicht gewagt, sondern höchstens eine Bemerkung am Rand angebracht.

In gleicher Weise ist auch in den vier Versen 4Mose 31,36+39+43+45 die dort jeweils angegebene Zahl „fünf hundert“ durch „fünf undzwanzig“ zu ersetzen.

36 Die Hälfte, der Anteil derer, die zum Heer⟨esdienst⟩ ausgezogen waren, die Zahl der Schafe war also: 337 ÄLäPh und fünf (hundert) [Vorschlag M.K.: undzwanzig] Stück 37 und die Abgabe von den Schafen für den HERRN war 675 ⟨Stück⟩,

39 und ⟨die Zahl⟩ der Esel 30 ÄLäPh und fünf (hundert) [Vorschlag M.K.: undzwanzig] und die Abgabe davon für den HERRN 61,

43 – die für die Gemeinde ⟨bestimmte⟩ Hälfte war nämlich: 337 ÄLäPh und fünf (hundert) [Vorschlag M.K.: undzwanzig] ⟨Stück⟩ Schafe

45 und 30 ÄLäPh und fünf (hundert) [Vorschlag M.K.: undzwanzig] Esel

In diesen vier Fällen ist die durch den Textrevisor eingefügte Teilzahl „hundert“ (מֵּאוֹת, Me°OT) nicht durch die Vorsilbe הַ (Ha) ausdrücklich als fraglich gekennzeichnet. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass es sich um identische Folgeänderungen zu der gekennzeichneten Änderung in 4Mose 31,28 handelt. So ergibt sich bei den beiden Angaben zur Hälfte der Schafe in den Versen 36 und 43 die Zahl „337 ÄLäPh und 25“, was zu der nach der alternativen Lesart zu erwartenden Anzahl von ([337 x 50 =] 16.850 + 25 =) 16.875 Schafen führt. Errechnet man daraus einen Anteil von einem 25-stel (4 %), kommt man auf die in Vers 37 genannte Abgabe für Jahwe von 675 Tieren. Entsprechend ergeben sich bei den beiden Angaben zur Hälfte der Esel in den Versen 39 und 45 aus „30 ÄLäPh und 25“ Tieren eine Anzahl von ([30 x 50 =] 1.500 + 25 =) 1.525 Eseln. Daraus ergibt sich bei einem Anteil von einem 25-stel (4 %) die in Vers 39 angegebene Abgabe für Jahwe von 61 Eseln. Bei Rindern und Jungfrauen ergab die Zählung eine gerade Anzahl von Einheiten. Bei der Halbierung kam es daher nicht zu halben Einheiten. Hier kann auch bei der angegebenen Hälfte die Anzahl der ÄLäPh einfach mit 50 multipliziert werden, was zu 1.800 Rindern und 800 Jungfrauen je Hälfte führt. Ein 25-stel (4 %) daraus ergibt die im Text genannte Abgabe für Jahwe von 72 Rindern bzw. 32 Jungfrauen (4Mose 31,38+40+44+46).

Die sich aus einer Übersetzung von ÄLäPh mit „50er-Gruppe“ ergebenden reduzierten Zahlen sind in Anlage 20, Tab. 25 dargestellt. Dort sind die im Bibeltext stehenden Zahlen durch eine größere Schrift, Fettdruck und Schattierung hervorgehoben. Korrigierte Zahlen aus dem Bibeltext sind heller schattiert. Die Tabelle ist in drei Blöcke eingeteilt. Im linken Block mit vier Spalten werden die im Bibeltext angegebenen Zahlen für die gesamte Beute neu bewertet unter der Annahme, dass die ÄLäPh 50er-Einheiten bedeuten. Im mittleren Block mit fünf Spalten wird die im Bibeltext angegebene Hälfte der Beute gleichermaßen neu bewertet. In den letzten beiden Spalten werden die im Bibeltext stehenden Zahlen für die Abgaben für Jahwe und die Leviten mit den Berechnungsfaktoren, wie man von der Hälfte der Beute auf diese Abgabe kommt, dargestellt.

Wenn man bei dem Berechnungsfaktor für den Anteil Jahwes und den vier Vorkommen von halben Einheiten die nach „fünf“ stehende Teilzahl „… hundert“ fünfmal auf „… undzwanzig“ korrigiert sowie alle ÄLäPh-Angaben bei Jungfrauen und Tieren als 50er-Einheiten interpretiert, ergibt sich ein widerspruchsfreies Bild und die gesamten Beutezahlen mit 33.750 Schafen bzw. Ziegen, 3.600 Rindern, 3.050 Eseln und 1.600 Jungfrauen erreichen eine realistische Größe. Zur weiteren Plausibilisierung dieser Größenordnung untersuche ich im nächsten Abschnitt wie hoch der Pro-Kopf-Anteil an der Beute bei den beiden Empfängergruppen der Beute-Hälften war. 

  • 1 In der gleichen Reihenfolge „fünf_undzwanzig“ (חֲמֵשׁ וְעֶשְׂרִים ChaMeSch WöÄ͂SsRIM) kommen die Zahlwörter der Zahl 25 z.B. auch in 4Mose 8,24 vor. Diese rekonstruierte Zahl entspricht somit der üblichen Zahlen-Schreibweise.