Bei den erst in Ägypten geborenen Nachkommen Jakobs dürfte aufgrund der inzwischen größeren Bevölkerungszahl und einer angenommenen ungefähr gleichmäßigen Geschlechterverteilung eine Heirat untereinander möglich gewesen sein, wobei die Nachkommen jeweils dem Stamm des Mannes zugerechnet wurden, auch wenn die Frau aus einem der anderen Stämme Israels kam (z.B. bei dem Leviten Aaron aus dem Stamm Juda: 2Mose 6,23; 4Mose 1,7). Für die erst in Ägypten geborenen Nachkommen werden daher keine zusätzlichen Frauen hinzugerechnet. Auch im weiteren Verlauf des Ägyptenaufenthalts habe ich keine Zugänge durch Migration (also Zuwanderung) mehr berücksichtigt. Dieser Faktor entfällt somit als Begründung für die starke Vermehrung der Israeliten. Somit ist für die Berechnung des Bevölkerungswachstums nur die Mortalität, d.h. die Sterblichkeit, und die Fertilität in Verbindung mit dem mittleren Generationenabstand relevant. Bei der Fertilität gab es aber einen verstärkenden Faktor. Wenn nämlich die reguläre israelitische Ehefrau keine Kinder bekam, konnte sie ihre Sklavin – sofern sie eine hatte, was mit der Zeit immer seltener der Fall war – als eine Art Leihmutter ihrem Mann als Nebenfrau geben. Die Sklavin wurde dadurch zwar nicht zur Israelitin, so dass keine Erhöhung der Bevölkerungszahl durch Migration vorlag, aber ihre Kinder wurden als Kinder der regulären Ehefrau angesehen und zu Israel gezählt, wenn sie von ihrem Vater anerkannt wurden (siehe 5.5.2.1 und 5.5.2.5). Dadurch konnte die Zahl der kinderlosen Familien reduziert werden. Bei meinen weiteren Berechnungen habe ich diese Kinder vereinfachend als Kinder des israelitischen Ehepaares angesehen.

Für die Ermittlung der Ausgangsanzahl müssen daher nur zu den in 1Mose 46,8-27 aufgeführten männlichen Nachkommen der Söhne-, Enkel- und Urenkel-Generation je Stamm noch die gleiche Anzahl volksfremde Ehefrauen hinzugerechnet werden.1 In Anlage 9, Tab. 10 habe ich die Ausgangsanzahl für die zwölf Stämme und die Leviten ermittelt (Erläuterungen siehe auch Fußnoten dort). Jakob selbst und Dina werden nur in der Summenspalte der zwölf Stämme mitgezählt, da sie keinem Stamm zugerechnet werden können. Serach wurde nicht mitgezählt, da sie vermutlich eine der Ehefrauen der Enkelgeneration war und damit in der Zahl der Ehefrauen schon enthalten ist. Sie muss dem Stamm ihres Ehemannes und nicht dem ihres Vaters zugeordnet werden. Weil Josefs Söhne zwei Stämme bildeten, werden die Stammeltern Josef und Asnath den Stämmen Ephraim und Manasse je zur Hälfte zugerechnet. Da die Leviten bei der Musterung am Sinai völlig separat gezählt werden und nicht zu der Summe der Wehrfähigen hinzugerechnet werden, ermittle ich auch bei der Ausgangszahl eine separate Summe für diesen Stamm. Durch die Aufsplittung der Nachkommen Josefs in zwei Stämme ergeben sich aus den Nachkommen der übrigen elf Söhne trotzdem zwölf Stämme. Für die 12 Stämme ohne Levi ergibt sich danach eine Ausgangsanzahl von 128 Personen, für Levi von 8 Personen.

Eine detailliertere Aufstellung mit Aufteilung nach Altersgruppen und Geschlecht mit geschätzten Altersangaben für die Nachkommen Jakobs und ihre Ehefrauen findet sich in Anlage 9a, Tab. 10a. Diese Angaben definieren die Gründerpopulation mit ihrer Altersverteilung für die detaillierteren Vergleichsberechnungen von Dr. Rainer Facius (siehe ‎7.6). Aufgrund der biblischen Angaben können die Altersangaben für die Söhne Jakobs bis auf wenige Monate genau ermittelt werden (siehe ‎5.4.2). Für das Alter der Enkel und Urenkelgeneration wurden dazu passende Annahmen getroffen, die in Anlage 9a in den Fußnoten aufgeführt sind. Aus diesen Altersangaben ergibt sich in der Spalte ganz rechts ein Durchschnittsalter der Enkel Jakobs beim Zug nach Ägypten von 14,4 Jahren, bei Einbeziehung der vier Urenkel von 13,4 Jahren.

Ausgehend von der nun vorliegenden Ausgangsbevölkerung von 128 Personen soll in den nächsten Abschnitten untersucht werden, wie sich die Bevölkerung während des 215-jährigen Ägyptenaufenthalts entwickelt haben müsste, um am Ende auf die aus den biblischen Angaben errechnete Zahl der wehrfähigen Männer beim Exodus zu kommen.

  • 1 Judas erste Ehefrau war schon gestorben (1Mose 38,12), ehe er von seiner Schwiegertochter weitere Kinder bekam. Über Simeons zweite Frau ist nur bekannt, dass sie Kanaaniterin war – wahrscheinlich eine Sklavin. Für Benjamin und Gad wurde in Abschnitt ‎5.3.1 jeweils noch eine zweite (bzw. dritte) (Neben-)Frau angenommen. Da aber nicht sicher ist, ob alle Ehefrauen noch lebten, wird hier für jeden Sohn Jakobs einfachheitshalber nur eine Ehefrau gezählt. Würde man weitere Ehefrauen hinzuzählen, so würde sich die Anfangsbevölkerung erhöhen und die Wachstumsrate entsprechend reduzieren.