In Abschnitt ‎9.1.1.2 habe ich aufgezeigt, dass das Richterbuch aus einem chronologisch geordneten Teil und mehreren Anhängen besteht. Die Frage ist nun, ob diese Berichte als authentische Geschichtsschreibung angesehen werden können, so dass daraus auch eine verlässliche Chronologie abgeleitet werden kann. Dies wäre der Fall, wenn die einzelnen Berichte jeweils durch Zeitzeugen niedergeschrieben und in einem zentralen Archiv gesammelt worden wären. Dann hätte am Ende der Richterzeit ein Redaktor lediglich noch die für die Geschichte Israels relevanten Berichte auswählen und in der heute vorliegenden Form zusammenfassen müssen. Im Folgenden untersuche ich deshalb erstens, ob es im Richterbuch Hinweise auf eine solche Entstehungsgeschichte gibt und zweitens, ob sich aus diesen Hinweisen neue Erkenntnisse für die Aufstellung einer schlüssigen Chronologie für die frühe Richterzeit, die allen chronologischen Angaben gerecht wird, ergeben.

Aus meinen Ausführungen in den vorausgehenden Abschnitten ergibt sich, dass der chronologisch geordnete Teil des Richterbuches mit Ri 12,15 bei Richter Abdon endet. Die im ersten Anhang mit der Geschichte Simsons (Ri 13 – 16) erwähnte 40-jährigen Unterdrückung durch die Philister verlief parallel zu den in Ri 10,3-18 beschriebenen 40 Jahren vom Amtsantritt des Richters Jaïr (22 Jahre, Sitz im Ostjordanland) bis zum Ende der Unterdrückung durch die Ammoniter (18 Jahre), die durch den Richter Jeftah beendet wurde. Mit diesem ersten Anhang möchte ich bei meinen Überlegungen zur Entstehung der Berichte beginnen.