Ogs Königreich erstreckte sich von Mahanajim am Fluss Jabbok, der die Südgrenze bildete, über den nördlichen Teil des Berglands Gilead bis zum Berg Hermon im Norden (Jos 12,4-5; Jos 13,30; siehe Anlage 6a). Nördlich des See Genezareth grenzten im Westen die Maachaniter und Geschuriter an (Jos 12,5). Weiter südlich bildete der Anstieg zum Bergland Gilead bzw. die Golanhöhen die Westgrenze. Die nur wenige Kilometer breite Tiefebene östlich des Jordan vom Jabbok bis zum See Genezareth unterstand noch dem südlichen Amoriter-König Sihon (Jos 12, 2-3). Als Grenzstädte des Königreichs Ogs im Osten werden Salcha und Edreï genannt (5Mose 3,10).
Edreï wird mit der heutigen Stadt Dar’ā (auch Daraa) im Süden Syriens gleichgesetzt. Diese liegt knapp 50 km östlich des Jordan etwa auf Höhe des Südendes des Sees Genezareth in der Nähe der damaligen Handelsstraße von Elat nach Damaskus, die Og kontrolliert haben dürfte. In Jos 12,5 werden das Berggebiet des Hermon und die Stadt Salcha und danach das Gebiet Baschan erwähnt, so dass man den Hermon als Nord- und Salcha als Südende der Ostgrenze des dazwischen liegenden Gebietes Baschan annehmen kann. Das Salcha des AT wurde verschiedentlich wegen der Namensähnlichkeit allein aufgrund von biblischen Aussagen mit der heutigen Kleinstadt Salchad im Hauran-Gebiet gleichgesetzt.1 Diese liegt etwas mehr als 100 km östlich des Jordan, ca. 10 km südlicher als Dar’ā. Diese Annahme kann aber durch 1Chr 5,10-11 widerlegt werden. Dort wird von einem Krieg mit den Hagaritern zur Zeit Sauls berichtet. Diese wohnten auf der ganzen Ostseite von Gilead (Vers 10). Die Söhne Gads wohnten ihnen gegenüber im Land Baschan bis nach Salcha (Vers 11). Der Stamm Gad hatte die Südhälfte des Berglands Gilead bis zum Jabbok zugesprochen bekommen. Östlich davon lebten die Ammoniter (siehe Anlage 6a). Vermutlich erstreckte sich das Gebiet des Stammes Gad am Oberlauf des Jabbok noch geringfügig bis auf das Gebiet des früheren Landes Baschan bis zur Grenzstadt Salcha. Diese muss damit am Ostrand des Berglands Gilead etwa auf Höhe des Flusses Jabbok in der nordöstlichen Ecke des Stammesgebietes Gads gelegen haben. Die Ostgrenze Baschans bildete also eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende Linie, die etwa entlang der Straße nach Damaskus durch die Stadt Edreï (= Dar’ā) verlief, ungefähr so wie auf der Karte in Anlage 6a eingezeichnet. Für diese Annahme spricht ebenfalls, dass das Gebiet des östlich des Jordans lebenden halben Stammes Manasse bei Gleichsetzung der Stadt Salcha mit dem heutigen Salchad mehr als doppelt so breit und damit auch etwa doppelt so groß gewesen wäre, was zur Größe der Gebiete der übrigen Stämme in keiner angemessenen Relation gestanden hätte. Auch die in dieser Arbeit vorgeschlagene modifizierte Bevölkerungsgröße Israels bei der Landnahme spricht gegen eine Ausdehnung des Stammesgebietes Manasses weiter nach Osten.
Zum Ablauf der Eroberung wird berichtet, dass Mose mit seinem Heer in das Land Baschan eindrang und Og ihm mit all seinem Volk nach Edreï zum Kampf entgegen zog (5Mose 3,1). Og wurde dort vernichtend geschlagen. Es gab keine Überlebenden (5Mose 3,3). Danach wurden all seine Städte erobert, wobei neben weiteren unbefestigten Orten 60 befestigte Städte im Landstrich Argob, der mit dem Königreich Ogs gleichgesetzt wird, ausdrücklich erwähnt werden (5Mose 3,4-5). In 5Mose 3,14 wird näher erläutert, dass es Jaïr, ein Nachkomme Manasses, war, der den Landstrich Argob bis zur Grenze der Geschuriter und Maachatiter im Nordwesten eroberte und sie (die Städte Baschans) nach seinem Namen nannte. An mehreren Stellen wird angegeben, dass es 60 Städte waren, die nach Jaïr benannt waren (Jos 13,30; 1Kön 4,13).2 Nach Jos 13,30 werden die 60 Städte mit dem Ort Mahanajim, der in der Schlucht des Jabbok ganz im Süden Baschans lag in Verbindung gebracht. In der Zeit Salomos werden die 60 Städte Jaïrs zusammen mit einem der zwölf Vögte, der in Ramot Gilead (etwas nördlich von Mahanajim) seinen Sitz hatte, erwähnt. Auch hier wird das Gebiet Argob genannt (1Kön 4,7+13). Aus diesen drei Angaben schließe ich, dass die Städte sich über das ganze Gebiet Baschan zwischen den Geschuritern im Nordwesten bis nach Ramot Gilead im Südosten verteilten. Auch dies bestätigt, den oben vorgeschlagenen Verlauf der Ostgrenze des Königreichs Ogs.3
Da keine Reorganisation des Heeres erwähnt wird, führte Mose diese Kriege vermutlich mit den ursprünglichen Heereseinheiten des ersten Zensus. Die Heereseinheiten hatten durch den Tod aller ursprünglich Gemusterten, die in den vergangenen 39 Jahren nach und nach durch Jüngere ersetzt wurden, ein völlig neues Gesicht erhalten. Bei der Eroberung des Ostjordanlandes konnte sich unter dem Kommando Moses die jüngere Generation von Offizieren und Soldaten bewähren.
1 Vgl. Carl Ritter: Vergleichende Erdkunde der Sinai-Halbinsel, von Palästina und Syrien. 2. stark vermehrte und umgearbeitete Ausgabe. Berlin: G. Neimer (1851), 2. Band, S. 951, 961f
2 Die 60 Städte Jaïrs werden auch mit dem Wort חַוֺּת (ChaWoT) bezeichnet, was die Plural-Constructus-Form von חַוָּה (ChaWaH) ist. Gesenius (S.328) übersetzt mit „Zeltlager, -dörfer“ (mit dem Hinweis „Etymologie unklar“). Da aber חַוֺּת (ChaWoT) in Jos 13,30 mit „Städte“ und in 1Kön 4,13 zur Zeit Salomos sogar mit „große Städte mit Mauern und bronzenen Riegeln“ näher erläutert wird, ist der Begriff „Zeltdörfer“ zu eng. Dieses Wort ist in der Singular-Form identisch mit dem Namen der Frau Adams: חַוָּה (ChaWaH, übliche Wiedergabe: Eva). Adam begründete diesen Namen, den er seiner Frau gab, damit, dass sie die Mutter allen Lebens (חָי ChaJ) wurde (1Mose 3,20). Das Wort kann also von „Leben“ abgeleitet werden und dürfte als Oberbegriff für unbefestigte Orte und befestigte Städte, die mit Leben erfüllt, also bewohnt waren, verwendet worden sein. Die von Gesenius angegebene einschränkende Bedeutung „Zeltdorf“ ist daher m.E. abzulehnen. Mit der Herleitung von חָי (ChaJ, Leben) wäre auch die Etymologie geklärt.
3 Für die Untersuchung der vorstehend beschriebenen geographischen Gegebenheiten war mir eine historische Relief-Landkarte des Landes Israel in seinen biblischen Grenzen sehr hilfreich (siehe Url: www.touch-israel.com).