Als halbnomadische Viehhirten waren die Söhne Jakobs in Kanaan sehr naturverbunden und lebten in Zelten. Nach dem Zug nach Ägypten kann dies anfangs, als für die wenigen Familienangehörigen Jakobs viel Land zur Verfügung stand, noch ebenso gewesen sein. Bei den von dem mächtigen Wesir Josef protegierten und wohlhabenden Hirten dürften sich aber relativ schnell Lehmziegelhäuser wie bei den Ägyptern durchgesetzt haben, die in der Hitze Ägyptens ein besonders günstiges Wohnklima ergaben. Lehm ist luftfeuchteregulierend und trockener Lehm wirkt antibakteriell und abweisend gegen Schädlinge. Dicke Lehmziegelwände halten das Innere des Hauses kühl, speichern aber die Sonnenwärme und gaben sie nachts langsam wieder ab.1 Im Land Gosen, das im Osten des flachen Nildeltas lag, war es durch den vom Meer her wehenden Wind allerdings nicht so heiß wie im Landesinneren. Im Juli und August liegt dort heute die Höchsttemperatur bei 30° im Schatten und die nächtliche Tiefsttemperatur bei 23°. Im kältesten Monat Januar liegt die Spanne bei 9 – 18°.2  Die Winter waren also im Vergleich mit Deutschland sehr mild. Infektionen der Atemwege, die bei uns vor allem in der kalten Jahreszeit vorkommen und die in früheren Jahrhunderten gerade unter schlecht ernährten Kindern viele Todesopfer forderten, dürften bei den Israeliten damals eher selten gewesen bzw. milde verlaufen sein.

Die Ernährung war gesund und abwechslungsreich. Wegen des Erwerbs von Getreide waren sie ursprünglich nach Ägypten gezogen (1Mose 42,3). Josef versorgte sie dort mit Brot (1Mose 47,12). Nach seinem Tod werden sie ihr Brot vermutlich wie die Ägypter im Austausch gegen Tiere und vielleicht auch Tierprodukte erworben haben (1Mose 47,17). Für die Kinder standen Ziegen- und Kuhmilch sowie daraus hergestellte Milchprodukte zur Verfügung. Fleisch war bei einem Hirtenvolk ebenfalls verfügbar, wird aber in den ersten 135 Jahren vor der Verpflichtung zur Zwangsarbeit wohl eher nur bei Festmählern auf dem Speiseplan gestanden haben, da sie sonst ihre Herden aufgezehrt hätten. In 4Mose 11,5 werden rückblickend auf Ägypten Fische, Gurken, Melonen, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch erwähnt. Ab dem Einsatz als Zwangsarbeiter beim Städtebau ca. 80 Jahre vor dem Exodus wurde wohl von den Ägyptern ausreichend Nahrung – darunter auch Fleisch – bereitgestellt, so dass die für die harte körperliche Arbeit notwendigen Kalorien aufgenommen werden konnten. Dies lässt sich mit 2Mose 16,3 begründen, wo von der Wüstengeneration in der Erinnerung an den Ägyptenaufenthalt vom Sitzen an den Fleischtöpfen und Brot bis zur Sättigung (aber nicht darüber hinaus) berichtet wird. Diese Erinnerung bezieht sich logischerweise auf die letzten 80 Jahre der Zwangsarbeit und nicht auf weiter zurückliegende Zeiten, die die Wüstengeneration überwiegend gar nicht selbst erlebt hatte.

Durch die Beschäftigung mit Tierhaltung, Fischerei, Gemüseanbau und sicher auch mit handwerklichen Tätigkeiten, die dafür und für Bau und Instandhaltung ihrer Häuser erforderlich waren – und in den letzten 80 Jahren mit der Zwangsarbeit – kann davon ausgegangen werden, dass die Israeliten ausreichend Bewegung hatten. Aufgrund dieser Lebensweise und der oben dargestellten gesunden Ernährung dürfte ihre gesundheitliche Konstitution deutlich besser gewesen sein als heute bei weiten Teilen der Weltbevölkerung. Dies betrifft sowohl die Widerstandsfähigkeit gegen Infektionskrankheiten als auch das geringere Auftreten von Wohlstands- bzw. Zivilisationskrankheiten.

Das Volk Israel in Ägypten wird dementsprechend als außergewöhnlich fruchtbar und die Frauen als besonders kräftig beschrieben (2Mose 1,7+19). Es gab außerdem Hebammen, die wahrscheinlich in den ägyptischen Kenntnissen über Geburtshilfe unterwiesen waren (siehe ‎5.2.3.1). Daraus kann man auf eine geringe Sterblichkeit von Müttern nach der Geburt schließen.

Die Säuglings- und Kindersterblichkeit war in der Familie Jakobs auch schon vor dem Ägyptenaufenthalt niedrig. So waren alle elf Söhne und eine Tochter, die Jakob von vier Frauen innerhalb von sieben Jahren in Haran geboren wurden, beim Zug nach Ägypten noch am Leben (1Mose 46,8-27). Sie hatten zu diesem Zeitpunkt ein Alter von 39 bis 46 Jahren (siehe Fußnote 2 in Abschnitt ‎5.4.3). Zwischen den im Text erwähnten Kindern Jakobs können in dem kurzen Zeitraum keine weiteren Kinder geboren worden sein, die früh starben und deshalb nicht erwähnt wurden. Bis auf zwei Ausnahmen – zwei Söhne Judas von einer Kanaaniterin starben kurz nach ihrer Heirat etwa im Alter von 14 Jahren ausdrücklich weil sie in den Augen Jahwes böse waren (1Mose 38,6-10, siehe Anlage 7c, Seite 3, Jahr -15) – wird nicht von Todesfällen bei Kindern oder Jugendlichen berichtet. Die oben erwähnten guten Wohn- und Ernährungsbedingungen sowie das Vorhandensein von nun besser ausgebildeten Hebammen – damit gab es wahrscheinlich auch gute Hygienebedingungen – und einer grundlegenden ärztlichen Versorgung (siehe ‎5.2.3.1) sprechen für die Zeit in Ägypten ebenfalls für eine geringe Säuglings- und Kindersterblichkeit.