Bei einem frühesten Heiratsalter von 20 Jahren, das ich für die weiteren Untersuchungen voraussetze, kann die Geburt des ersten Kindes i.d.R. frühestens mit knapp 21 Jahren erfolgt sein. Hinweise auf das natürlich höhere Durchschnittsalter bei der ersten Geburt und den Abstand zwischen den Geburten bieten die Berichte über die Familien von Jakob und von Mose. Diese möchte ich daher nachfolgend untersuchen.
Als Jakob seine sieben Jahre Dienst für Rahel geleistet und diese das Heiratsalter von 20 Jahren erreicht hatte, fand das Hochzeitsfest statt. Sein Schwiegervater Laban betrog ihn jedoch und verheiratete ihn mit der älteren Schwester Lea. Er bot ihm anschließend an, ihm für weitere sieben Jahre Dienst auch Rahel zur Frau zu geben. Damit Rahel bei der Hochzeit nicht schon 27 Jahre alt war, durfte Jakob sie sofort heiraten gegen das Versprechen, die sieben Dienstjahre nachträglich zu leisten (1Mose 29,22-28). Da Lea wusste, dass Jakob nicht sie, sondern Rahel liebte, versuchte sie seine Liebe durch die Geburt von Söhnen zu gewinnen (1Mose 29,30-32). Dadurch entstand ein Wettbewerb zwischen den Frauen, in den sie beide auch ihre persönliche Magd einbezogen. So wurden innerhalb der zweiten sieben Jahre Dienst von vier Frauen elf Söhne und eine Tochter geboren. Da sieben der zwölf Kinder auf Lea entfielen und nach den ersten vier Söhnen eine Pause eintrat, in der sie Jakob ihre Magd als Nebenfrau gab, müssen bei ihr extrem kurze Abstände zwischen den Geburten vorgelegen haben. Auch wenn man annimmt, dass sich die fünfte Schwangerschaft Leas und die zweite ihrer Magd zu einem großen Teil überlappten, müssten in sieben Jahren nacheinander noch acht Kinder (sieben von Lea und zwischen ihrem vierten und fünften Kind das erste ihrer Magd) geboren worden sein. Wenn der erste Sohn Leas neun Monate nach der Hochzeit geboren worden wäre und die Tochter Dina im letzten Monat der sieben Jahre, hätte der durchschnittliche Abstand zwischen den acht Geburten ([84 Monate – 9 Monate] ÷ 7 =) 10,7 Monate betragen. Sofern Rahel bei der eigentlich für sie geplanten Hochzeit Leas tatsächlich 20 Jahre alt war, hätte die ältere Lea bei der Eheschließung mindestens 21 Jahre alt und bei ihrer ersten Geburt mindestens knapp 22 Jahre alt gewesen sein müssen. Rahels erster eigener Sohn Josef wurde am Ende der siebenjährigen Dienstzeit sieben Jahre nach ihrer Hochzeit geboren. Sie war daher bei der Geburt ihres ersten Kindes etwa 27 Jahre alt. Die Söhne der Sklavin Rahels wurden wahrscheinlich kurz nach dem vierten Sohn Leas und vor deren fünftem Sohn geboren.
Von Jakob wird berichtet, dass er Rahel mehr liebte als Lea. Lea musste sich vor der Zeugung ihres fünften Sohnes das Recht mit Jakob die Nacht zu verbringen von Rahel erkaufen (1Mose 29,30; 1Mose 30,15-17). Die drei übrigen Frauen hatten daher nicht beliebig viele Gelegenheiten, mit Jakob die Nacht zu verbringen – vielleicht nur während der Zeit der monatlichen Regelblutung Rahels. Die Mägde kamen wahrscheinlich nur für jeweils eine Nacht zu ihm. Dass sie trotzdem jeweils zielgenau zum frühestmöglichen Zeitpunkt schwanger wurden, lässt darauf schließen, dass sie über ihre fruchtbaren Tage Bescheid wussten. Diese Schlussfolgerung wird durch den Bericht über die Töchter Lots bestätigt. Sie legten sich jeweils für eine Nacht zu ihrem Vater und wurden beide sofort schwanger (1Mose 19,31-36). Die später im Gesetz festgelegte ab dem Ende der monatlichen Regelblutung laufende Frist von sieben Tagen, in der noch kein ehelicher Verkehr stattfinden durfte (3Mose 15,19+28; 3Mose 20,18), endete ziemlich genau mit dem Beginn der fruchtbaren Tage. Da es außerdem während der Zeit in Ägypten Hebammen gab, die sich mit dem Thema Schwangerschaft und Geburt auskannten, ist die Annahme, dass die Frauen den Zeitpunkt des Eintretens einer Schwangerschaft gezielt beeinflussen konnten, nicht abwegig.
Die Regelung im Gesetz, dass der Mann nach der Hochzeit für ein ganzes Jahr selbst im Kriegsfall vom Heeresdienst freigestellt wurde (5Mose 24,5), lässt darauf schließen, dass nach der Eheschließung sehr zeitnah eine Schwangerschaft angestrebt wurde. Der Mann wäre dann im Idealfall während der Schwangerschaft und der ersten zwei bis drei Lebensmonate des Kindes bei seiner Frau gewesen. Dass Rahel erst nach sieben Jahren Ehe ihren ersten Sohn Josef bekam und erst nach weiteren rund 18 Jahren im Alter von (20 + 7 + 18 =) 45 Jahren, als Josef schon nach Ägypten verkauft war, ihr zweiter Sohn Benjamin geboren wurde (siehe Anlage 7c, Jahr -39 und -22), hing mit ihrer eingeschränkten Fruchtbarkeit zusammen. Auch Rahels Tante Rebekka, die Mutter Jakobs, war zunächst unfruchtbar und gebar erst nach 20 Ehejahren ihre Zwillinge Esau und Jakob (1Mose 25,20-26). Es gab sicher auch damals unfruchtbare Frauen, die gar keine Kinder geboren haben (siehe 6.3.2). Diese wirken sich aber nicht auf das durchschnittliche Gebäralter aus. Fälle einer zeitweisen Unfruchtbarkeit, die zu einer wesentlich späteren Geburt führten, kamen wahrscheinlich nicht so häufig vor, dass sie das durchschnittliche Gebäralter wesentlich angehoben haben. In den weitaus meisten Fällen dürfte das erste Kind im ersten Jahr nach der Hochzeit geboren worden sein. Bei einem geschätzten durchschnittlichen Heiratsalter der Frau von 22 Jahren nehme ich deshalb für das erste Kind ein durchschnittliches Gebäralter von etwa 23 bis 24 Jahren an.
Moses Mutter Jochebed hat ihre Kinder allerdings erst in höherem Alter geboren. Sie war eine Tochter Levis, die ihm wohl eine spätere Frau erst in Ägypten geboren hat (4Mose 26,59; 2Mose 2,1). Tochter ist hier nicht nur im Sinne von Nachfahrin zu verstehen, da sie in 2Mose 6,20 ausdrücklich als Tante ihres Mannes Amram bezeichnet wird. Levi wurde 137 Jahre alt (2Mose 6,16). Er kam mit etwa 43 Jahren nach Ägypten und lebte dort noch 94 Jahre (grafische Darstellung siehe Anlage7b, Begründung siehe Anlage 7c, Jahr +94). Mose wurde 80 Jahre vor dem Exodus, also (215 – 80 =) 135 Jahre nach dem Kommen Levis nach Ägypten, geboren. Wenn Jochebed erst im Todesjahr Levis geboren worden wäre, hätte sie bei der Geburt Moses ein Alter von (135 – 94 =) 41 Jahren gehabt. In den Anlagen 7b und 7c habe ich ihre Geburt sieben Jahre vor Levis Tod angesetzt und somit ein Alter von 48 Jahren bei der Geburt des jüngsten Sohnes Mose angenommen.
Auch für den Abstand der Kinder kann Jochebed als Beispiel dienen. Ihr zweites Kind Aaron ist drei Jahre vor Mose geboren (2Mose 7,7). Das älteste Kind Miriam war zum Zeitpunkt der Geburt Moses schon alt genug, um der Tochter des Pharao ihre Mutter als Amme des kleinen Mose vorzuschlagen (2Mose 2,7). Sie muss somit mindestens etwa sechs Jahre alt gewesen sein, das wäre mindestens drei Jahre älter als Aaron. Jochebed wäre dann bei der Geburt des ersten Kindes Miriam 42 Jahre alt gewesen, falls Miriam älter als sechs Jahre war, wäre Jochebed bei ihrer Geburt entsprechend jünger gewesen. Es ist davon auszugehen, dass Kinder damals noch ziemlich lange zumindest teilweise gestillt wurden. Dies zeigt sich bei Mose, der deutliche Erinnerungen an sein Ursprungsvolk hatte und sich selbst als Israelit sah, obwohl er nur für die Zeit des Stillens an seine Mutter übergeben wurde (2Mose 2,9-10). Er muss daher mindestens vier, eher fünf Jahre, alt gewesen sein, als er zur Tochter des Pharao kam. Auch Isaaks Entwöhnungsfest, bei dem er von Ismael verspottet wurde, war wohl im Alter von fünf Jahren. Dies kann man aus der Frist von 400 Jahren der Unterdrückung des Samens Abrahams schließen, die beginnt, als Isaak fünf Jahre alt war (siehe 5.1.4 und Anlage 7b). Die Angaben in 3Mose 27,1-7 über die Auslösungssumme bei einem Gelübde unterstützen diese Annahme ebenfalls. So steigt die Auslösungssumme bei Jungen ab dem Alter von fünf Jahren von vorher fünf auf 20 Schekel an. Dies könnte daran liegen, dass ab diesem Alter die Jungen aus dem behüteten Bereich der Mutter in die Ausbildungszeit durch den Vater entlassen wurden.
Wenn die Mütter damals ihre Kinder tatsächlich mehrere Jahre zumindest teilweise stillten, kann davon ausgegangen werden, dass sie i.d.R. längere Abstände zwischen den Geburten anstrebten. Dass sie entsprechende Kenntnisse hatten, um dieses Ziel zu verwirklichen, habe ich oben begründet. Deshalb gehe ich davon aus, dass i.d.R. mindestens zwei bis drei Jahre zwischen den Geburten lagen. Wenn man ein durchschnittliches Heiratsalter von 22 Jahren und keine zu dicht aufeinanderfolgende Geburten bei vier bis sechs Kindern annimmt, dürfte das durchschnittliche Gebäralter zwischen Mitte 20 und Mitte 30 gelegen haben. So ergibt sich z.B. bei fünf Kindern im Abstand von durchschnittlich je drei Jahren (das erste mit 23, das letzte mit 35 Jahren) ein durchschnittliches Gebäralter von 29 Jahren. Das durchschnittliche Gebäralter entspricht dem mittleren Generationenabstand (= durchschnittliche Generationsdauer).